Veräußerung von Grundstücken ohne Zustimmung des Ehepartners
In der Praxis ist bei Eheleuten nach der Trennung oder während des Scheidungsverfahrens häufig eine Vermögensauseinandersetzung notwendig. Sofern Eheleute keinen Ehevertrag abgeschlossen haben leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Zugewinnausgleich wird in der Regel im Scheidungsverbund, also nach Zustellung einer Scheidung geltend gemacht werden.
Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass der in der Ehe von den Eheleuten jeweils erwirtschaftete Vermögenszuwachs dem anderen Ehepartner gegenüber hälftig auszugleichen ist, sofern dieser einen Ausgleich verlangt. Maßgeblich für die Berechnung des Zugewinns von Eheleuten sind 2 Stichtage, und zwar als Stichtag für das Anfangsvermögen der Tag der Eheschließung und als Stichtag für das Endvermögen der Tag der Zustellung des Scheidungsantrages.
Gelegentlich kommt es vor, dass ein Ehegatte Alleineigentümer eines Grundstücks/einer Immobilie ist und diese nach einer erfolgten Trennung verkaufen möchte.
Sofern Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben ist gemäß § 1365 BGB grundsätzlich die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich, wenn ein Ehegatte über sein Vermögen im Ganzen verfügen möchte. § 1365 Abs. 1 BGB lautet wie folgt: „Ein Ehegatte kann sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt. “
Die Frage die sich stellt ist, wann im Sinne der vorgenannten Vorschrift von einer Verfügung über das Vermögen im Ganzen auszugehen ist.
Nach einer nunmehr veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 15. September 2022 handelt es sich um eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen, wenn der Ehegatte bei größerem Vermögen über mehr als 90 % seines Vermögens verfügen möchte.
Die Vorschrift des § 1365 BGB wird häufig bei Grundstücksgeschäften relevant, wenn nur einer von beiden Ehegatten als Alleineigentümer einer Immobilie im Grundbuch eingetragen ist und die Immobilie veräußern möchte. Hierfür benötigt er gemäß § 1365 BGB grundsätzlich die Einwilligung des Ehepartners.
Sofern der Alleineigentümer einer Immobilie, welche mehr als 90 % seines Vermögens ausmacht, ohne die Einwilligung des anderen Ehegatten die Immobilie an einen Dritten verkauft hat stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten für den anderen Ehegatten bestehen.
Zunächst ist zu prüfen, ob der andere Ehegatte den Verkauf der Immobilie an den Dritten „rückgängig machen“ kann, also erreichen kann, dass sein Ehegatte wieder Alleineigentümer der Immobilie wird. Nach der oben genannten Entscheidung des Oberlandesgerichts München ist § 1365 BGB allerdings nur dann anwendbar, wenn bei Abschluss des Kaufvertrages der Erwerber positiv weiß, dass es sich bei der Immobilie um das gesamte Vermögen des Ehegatten handelt.
Sollte daher der Erwerber bei Abschluss des Kaufvertrages nicht wissen, dass der Ehegatte über sein Vermögen im Ganzen ohne die Einwilligung des anderen Ehegatten verfügt hat, kann der andere Ehegatte den Verkauf der Immobilie an den Dritten nicht „rückgängig machen“. Ihm könnten dann allerdings gegenüber seinem Ehegatten gegebenenfalls Schadensersatzansprüche zustehen.
In der Praxis dürfte entscheidend sein, ob der Verkauf der Immobilie ohne die Einwilligung des anderen Ehegatten vor Zustellung des Scheidungsantrages, oder danach erfolgt ist und welchen Kaufpreis der verkaufende Ehegatte erzielt hat.
Sollte der Ehegatte, welcher Alleineigentümer einer Immobilie ist (und diese sein Vermögen im Ganzen darstellen) die Immobilie vor Zustellung eines Scheidungsantrages ohne Einwilligung des anderen Ehegatten unter Wert an einen Dritten verkauft haben, würde sich die Immobilie bei der Vermögensauseinandersetzung zum maßgeblichen Stichtag für das Endvermögen, also bei Zustellung des Scheidungsantrages nicht mehr in seinem Vermögen befinden, sondern stattdessen der zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene erzielte Kaufpreis. Da dieser erheblich geringer sein kann als der Wert der Immobilie bei Zustellung des Scheidungsantrages dürften dem anderen Ehegatten gegen den Ehegatten, der unter Wert verkauft hat grundsätzlich Schadensersatzansprüche zustehen.
Bei einem Verkauf der Immobilie ohne die Einwilligung des anderen Ehegatten nach Zustellung des Scheidungsantrages ist in der Regel davon auszugehen, dass keine Schadensersatzansprüche bestehen.
Im Falle einer Trennung kann der Verkauf einer im Alleineigentum des einen Ehegatten stehenden Immobilie praktisch nur dann verhindert werden, wenn der andere Ehegatte nachweisen kann, dass der Ehegatte die Immobilie verkaufen möchte. Dies dürfte sehr schwierig sein, sodass der andere Ehegatte bei Verkauf der Immobilie vor Zustellung des Scheidungsantrages an die Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen seinen Ehegatten denken sollte.
In den vorstehenden Ausführungen habe ich unberücksichtigt gelassen, dass Notare und Grundbuchämter ebenfalls grundsätzliche Prüfungspflichten haben, welche gegebenenfalls dazu führen können, dass ein Verkauf der im Alleineigentum des Ehegatten stehenden und sein Vermögen im Ganzen darstellenden Immobilie ohne die Einwilligung des anderen Ehegatten verhindert wird.